Wahlseminar Kunst und Gestaltung 2
Titel:
Lehrende
Christine Hohenbüchler, Julia Wieger, Amila Sirbegovic
Forschungsbereich
Forschungsbereich Zeichnen und visuelle Sprachen (Institut für Kunst und Gestaltung)
Studienrichtung
033 243 Bachelor Architektur
LVA-Typ
SE
ECTS
5.0
Beschreibung
Die Forderung nach Umweltgerechtigkeit entwickelte sich aus multiplen sozialen Bewegungen – wie z.B. der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, oder indigenen aktivistischen Gruppen und feministischen Kollektiven in Lateinamerika. Sie organisieren sich gegen die Zerstörung ihrer Umwelt und protestieren dagegen, dass gesellschaftlich diskriminierte Gruppen von der ökologischen Zerstörung besonders betroffen sind. So sind zum Beispiel die Bewohner*innen von Stadtvierteln (oder auch Städten und Regionen) mit geringeren finanziellen Ressourcen oft besonders massiven Belastungen durch die Verschmutzungen von Luft, Wasser und Boden ausgesetzt. Auch global gesehen, wird die Umwelt – und damit die Lebensgrundlage ihrer Bewohner*innen – ungleich und ungerecht zerstört. Bewohner*innen ehemalig kolonisierter Gebiete leben seit Generationen mit der konstanten Ausbeutung und Zerstörung ihrer Umwelt. Gleichzeitig führt die Zerstörung von Lebenskontexten, zu verstärkten Migrationsbewegungen auf dem gesamten Planeten.
Trotz dieser Umstände entwickeln aktivistische Gruppen, aber auch Theoretiker*innen und Künstler*innen, die für den Erhalt ihrer Umwelt Sorge tragen, Modelle des Protests und des Zusammenlebens, die sich den kapitalistisch-extraktivistischen Logiken widersetzen. Wobei ihre Modelle, Interventionen und Strategien von den jeweiligen ökonomischen, sozialen und geopolitischen Kontexten ihrer Handlungen abhängig sind. In europäischen Städten kleben sich Klimaaktivist*innen an Straßen fest und fordern Planer*innen einen kompletten Neubau- und Abrissstopp und einen neuen Umgang mit Bestand; in Ecuador wurde 2008 in der Verfassung die Möglichkeit verankert, dass Personen, Gemeinschaften oder Staaten das Recht der Natur nicht zerstört zu werden formal (in ihrem Namen) einklagen können—worauf aktivistischer Gruppierungen die Regierung verklagte, weil sie die Rechte geschützter Gebiete verletzt hatte. Dabei vereint die Protagonistinnen die Frage, wie wir auf einem „beschädigten Planeten“ (Haraway) zusammenleben können; sie betonen die Verstrickungen von menschlichem und nicht-menschlichen Leben, um eine besser bewohnbare Zukunft aufzubauen.
Im Seminar versuchen wir die komplexen Zusammenhänge von Sorge tragen um den Planeten und Umwelt(un)gerechtigkeit, im Kontext von Gender und Migration und dekolonialen Bewegungen zu verstehen und und deren räumliche Praktiken zu diskutieren, in dem wir unterschiedlichen Aspekte beleuchten und sie mit einander in Verbindung setzen. Dazu schauen wir uns Arbeiten von Künstler*innen und Kurator*innen, Theoretiker*innen, Geograph*innen und vor allem Aktivisit*innen an und diskutieren Beispiele ökologischer Zerstörung und aktivistischem Widerstand aus unseren lokalen Umgebungen. Ausgangspunkt unserer Forschung ist die bestehende Umwelt—Gebäude, Stadtlandschaften, industrielle Zonen, Infrastrukturen z.B. der Mobilität oder der Energieversorgung. Wir sehen uns an, wie mit Bestand umgegangen wird, wie dabei globale Ereignisse und lokale Situationen miteinander in Verbindung stehen, und wie sich Akteur*innen ermächtigen, um planetarisch Sorge zu tragen.
Foto: Michael Bigus