Fokus Raumplanung: Angerdörfer: Anger ist nicht gleich Anger – Ortsentwicklung im Bestand

Titel

Architektur: Fokus Raumplanung: Angerdörfer: Anger ist nicht gleich Anger – Ortsentwicklung im Bestand
Raumplanung: Fokus Raumplanung: Angerdörfer: Anger ist nicht gleich Anger – Ortsentwicklung im Bestand
Diese Lehrveranstaltung findet gekoppelt statt.

Lehrende

Karin Standler, Judith Leitner, Dominika Svarc

Forschungsbereich

Institut für Raumplanung

Studienrichtung(en)

066440 Raumplanung und Raumordnung Master, 066443 Architektur Master

LVA-Typ

PR (UE – Studierende der Architektur können ein PR einmalig als Entwerfen anrechnen lassen)

ECTS:

6.0

Beschreibung

Unter einem Anger wird ein meist grasbewachsenes, gemeinschaftlich genütztes Land oder ein Dorfplatz verstanden, der den Bewohner:innen einer Gemeinde als Gemeinbesitz (Allmende) zur Verfügung stand. Die Angerdörfer gehören im Flach- und Hügelland zu den häufigsten Siedlungsformen. Die zentrale Grünfläche kann je nach Situation verschiedene Formen haben (z.B. Dreiecksanger, Linsenanger, Breit- und Längsanger). Ein Dorfanger ist meist von Angerrandstraßen umschlossen, in vielen Dörfern fließt der Ortsbach mitten durch den Anger, daher war er als überschwemmungsgefährdetes Gebiet für die Landwirtschaft und als Bauland nur bedingt geeignet. In der vorindustriellen Landwirtschaft diente der Anger als gemeinschaftlich genutzte Weidefläche. Da die Flächen meist in Besitz der Gemeinde waren und sind, wurden sie in späteren Zeiten als Parks bzw. zum Bau öffentlicher Einrichtungen genutzt (Milchhaus, Feuerwehrhaus, Kühlhaus, Löschteich, Spielplatz etc.). Es gibt aber auch Dörfer, in denen der Anger früh parzelliert wurde, die Angerparzellen wurden den gegenüberliegenden Häusern zugeordnet und werden als Nutzgärten (bzw. später als Ziergärten) verwendet. Vielerorts wurden die Anger in Bauland oder Agrarland umgewidmet und bebaut, von der ehemaligen Grünfläche blieb nichts oder wenig übrig. Die Hofstrukturen um den Anger bestehen im Weinviertel und im angrenzenden Südmähren oft aus Hakenhöfen. Diese haben nur sehr schmale Innenhöfe als direkt dem Haus zugeordnete Freiräume. Ein zum Haus gehörender Garten auf dem Anger bzw. die Nutzung des Angers als öffentliche Grünfläche kann in den Dörfern, in denen der Anger unbebaut geblieben ist, die Enge der Innenhöfe kompensieren.

Die Siedlungsformen der Angerdörfer in der niederösterreichisch-tschechischen Grenzregion, ihre lange Tradition und vielfältige Entwicklung, sind Teil des kulturellen Erbes der Region. Ziel der LVA ist, die Angerdörfer in einem Katalog zu erfassen, die feinen Unterschiede zwischen den Angerdörfern zu untersuchen und ihre Bedeutung in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft darzustellen. Geplant ist u.a., ihre Rolle als öffentliche und private Freiräume (auch als Beitrag zur ökologischen Selbstversorgung), als kulturelles Erbe und generationsübergreifende Begegnungsräume zu erforschen.

Am Beginn der Übung steht die Erfassung der Angerdörfer in der Region. Grundlagen sind u.a. die Siedlungsformenkarte von Adalbert Klaar, der franziszeischer Kataster und andere historische Karten und Ortspläne, aktuelle und historische Luftbilder, Fotografien, Planungskonzepte etc.

Ziel ist ein Katalog und der Entwurf einer Typologie für die vorhandenen Angerdörfer. Die Typologie für eine Karte der Region wird gemeinsam erarbeitet (z.B. nach Angerformen, Grad der Bebauung, Parzellierung, Widmung, heutiger Nutzung etc.).

Das Projekt wird durch fachliche Inputs der Betreuer:innen begleitet: Karin Standler (Freiraumanalyse, Bepflanzung, Nutzung, Freiraumelemente), Judith Leitner (Strukturen: Flur, Ort, Haus. Einführung in die siedlungsmorphologische Betrachtung, Bedeutung des Angers), Vorträge und Inputs weiterer Expert:innen sind geplant.

Forschen und Lehren zum und am Land – Kennenlernen der Grenzregion und Teilnahme an der landuni sind wesentliche Aspekte der Übung!

 

Darstellungen: Bilder: Judith Leitner; Pläne s/w: Adalbert Klaar; Luftbild: Google Earth